Dienstag, 18. April 2017

Fehmarn im Frühling



Ein ganz besonderes Erlebnis: Fehmarn im Frühling. Wir waren mit einer ganzen Clique aufgebrochen, ganz spontan, zu einer Geburtstagsfeier in Hamburg. Eine große Kiste Bordeaux im Kofferraum, für jeden eine Reisetasche mit Kleidung, das war’s.
Der Geburtstag war am Donnerstag, und trotzdem sprachen wir dem Wein fleißig zu – er sollte fürs Wochenende reichen, war aber am ersten Abend schon alle. Wir diskutierten, was wir mit dem Rest der Zeit anfangen sollten, und irgendwer kam auf die Idee, eine Strandfete zu machen. An der Nordsee war es noch zu kalt, an der Ostsee war angeblich Sonnenschein. Nach wenigen Minuten stand fest:


Wir fahren nach Fehmarn!
Früh am Morgen brachen wir auf, noch nicht ganz nüchtern. Wir hatten keine Unterkunft gebucht, also packten wir zur Sicherheit ein Zelt ein – ein Viermannzelt, das notfalls für uns alle acht reichen sollte. Fehmarn ist ja nicht weit von Hamburg, und so standen wir schon halb neun vor dem Fremdenverkehrsbüro in Burg, das heißt, in Burgtiefe, gleich am Strand, und hatten Hunger. Noch eine halbe Stunde zu warten! Wir widerstanden dem Angebot eines Imbisswagens (Krabben, gebackene Schollen, gebratene Quallen usw. – unsere Mägen hatten sich von der Bordeaux-Nacht noch nicht erholt). Wir besorgten uns einfache, unbelegte Brötchen und betraten Punkt neun das Verkehrsbüro, um nach einer Unterkunft zu fragen.
Die Leute sahen uns verblüfft an. Jetzt? Kurz nach Ostern? Zur Rapsblüte? Acht Leute? Nichts zu machen! Nach einigem Hin und Her und mehreren Telefonaten (für die uns nicht einmal Geld abgeknöpft wurde) bekamen wir die Adresse eines Bauernhofes irgendwo in der Mitte der Insel. Ich glaube, der Ort hieß Gammendorf. Wir fuhren gut gelaunt hin, in Hochstimmung durch das ganze Gelb der blühenden Landschaft. Über allem lag ein feiner Blütenduft, der sich in die Meeresbrise mischte. Was für eine Pracht!


Gastlichkeit
Wir fanden die Adresse leicht. Der Bauernhof, der etliche Ferienzimmer zu vermieten hatte, war ein schönes Anwesen mit einem kleinen Teich und einer kreisrunden Wiese vor dem Eingang. Wir hatten kaum angehalten, kam eine junge Frau an die Tür. Das Verkehrsbüro hatte uns angekündigt, und so hielt sie einen Teller mit belegten Broten bereit. Während wir im Stehen aßen, sagte sie, dass nur noch ein Zimmer mit zwei breiten Betten frei sei – notfalls passten da vier Leute hinein. Für die anderen würde sie gern herumtelefonieren. Wir entschieden, dass die beiden Pärchen, die zur Gruppe gehörten, das Zimmer nahmen, und wir fragten nach einem Platz, wo die anderen zelten konnten.
„Na hier“, sagte sie und deutete auf die Runde Wiese vor dem Haus. „Zum Klo und zum Duschen müsst ihr halt hereinkommen.“
Wir bekamen das Zimmer, zwei Haustürschlüssel und eine Menge Tipps – es gibt nicht viel Strand, aber hier und da eine windgeschützte Stelle, Essen und Getränke sollte man mitnehmen, es sei denn, man fährt zurück zur Inselhauptstadt Burg.
Wollten wir nicht. Wir fuhren über die Insel, herrlich gelb von all den Rapsblüten, sahen uns den Hafen von Puttgarden an, von wo es nach Dänemark hinüber ging, und buchten eine Schiffsrundfahrt für die Nacht – vier Stunden zwischen Puttgarden, Rødby und zurück, dazwischen hin und her, mit Fete auf dem Schiff. Es waren viele Dänen dabei, die deutschen Alk trinken wollten, und viele Deutsche, die den bunt belegten Dänischen Schnittchen mit viel Fisch und Salaten zusprachen. Wir waren so gut gelaunt, dass wir uns mit Matjes-Streifen ohrfeigten, aber eine dänische Oma schritt zum Glück energisch ein.
Erst gegen Morgen taumelten wir übermüdet zur Unterkunft. Die Hausfrau hatte schon ein Frühstück für uns (auch für die Zelter, ohne Aufpreis) – dicke Weißbrotschnitten mit fingerdick Butter („Die Urlauber sind damit immer zu zaghaft“), und darüber eine Schicht von kristallisiertem Rapshonig – eine wahre Köstlichkeit.
Wir schliefen bis in den Nachmittag hinein. Eine Stunde wollten wir noch über die Insel fahren, stiegen dann aber irgendwo aus und wanderten zwischen den duftenden Rapsfeldern, die ich in meiner Erinnerung auf immer mit Fehmarn verbinde.

Empfehlung
Fehmarn lohnt sich, vor allem im Frühling. Die Rapsblüte ist unvergesslich, und das Essen auch – selbst kleine Imbisse haben echte Köstlichkeiten zu bieten. Es empfiehlt sich, trotz meines Berichts eine Unterkunft zu buchen, denn für glückliche Zufälle gibt es keine Garantie. Auskunft und mehr findet Ihr beim FREMDENVERKEHRSBÜRO in Burg. Mein besonderer Tipp ist aber eine Seite im Blog von „MeerART“, auf der es um Ernst Ludwig Kirchner uns seinen Bezug zu Fehmarn geht. Toller Bericht! Schaut mal rein, es  lohnt sich.
Nachtrag: Hier ein zweiter MeerART-Bericht über Fehmarn, das auch bei schlechtem Wetter Einiges zu bieten hat.
Die Fotos in diesem Bericht stammen von pixabay. Danke!